Autor: Norbert Reichling

  • Freiheit und Wohlstand durch Auswanderung

    Die Auswanderung bot der ärmeren Bevölkerung zu allen Zeiten die Möglichkeit eines neuen und vielleicht besseren Lebens. Im 19. Jahrhundert waren unter den Auswanderern aus Deutschland auch viele Juden. Die meisten von ihnen suchten ihr Glück in den USA. Amerika war in der populären jüdischen Vorstellung ein Symbol der Freiheit und Gleichheit. Begeisterte Briefe von […]

  • Aus Heines „Wintermärchen“

    Von Köllen bis Hagen kostet die Post fünf Taler sechs Groschen preußisch. Die Diligence war leider besetzt, Und ich kam in die offene Beichais‘. Ein Spätherbstmorgen, feucht und grau, Im Schlamme keuchte der Wagen; Doch trotz des schlechten Wetters und Wegs Durchströmte mich süßes Behagen. Das ist ja meine Heimatluft! Die glühende Wange empfand es! […]

  • Ein Leben zwischen Recht und Willkür

    Das Recht auf Niederlassung musste käuflich erworben werden und war zeitlich befristet. Das bewilligte »Geleit« schützte jedoch nicht immer vor Übergriffen, wie Beispiele zeigen. Der Alltag war oft gleichermaßen geprägt von Recht und Willkür. Ein Verlust der Heimat durch Ausweisung blieb stets gegenwärtig. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten machte sich die Unzufriedenheit oftmals in Angriffen […]

  • Neue Heimat im gelobten Land

    »Nächstes Jahr in Jerusalem! « — dieser Wunsch beschließt seit Jahrhunderten traditionell den Sederabend zu Beginn des Pessachfestes. Mit der zionistischen Bewegung wurde er zur realen Hoffnung auf ein jüdisches Heimatland. Für die 60.000 Menschen, die 1933 aus Deutschland nach Palästina kamen, war es in erster Linie ein Zufluchtsort vor der nationalsozialistischen Verfolgung. Dort hatte […]

  • Kaisertreu! Und dann?

    Das Jahr 1871 brachte den Juden die volle staatsbürgerliche Gleichstellung, und viele jüdische Deutsche wurden glühende Patrioten. Doch das Kaiserreich verlangte seinen jüdischen Bürgern im Gegenzug die Anpassung an die christliche Mehrheitsgesellschaft ab. Die bürgerliche Schicht assimilierter Juden, die sich im 19. Jahrhundert in Deutschland, auch im ländlich-kleinstädtischen Westfalen entwickelte, war überwiegend konservativ, kaisertreu, vaterländisch […]

  • „Kindertransport-Kinder“

    Nach der Pogromnacht im November 1938 gab es in England Sympathiekundgebungen für die deutschen Juden. Jüdische und christliche Gruppen schlugen die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen vor. Die Jüdische Gemeinde sagte die geforderten Garantiesummen zu, und die Regierung erlaubte die Einreise von Kindern unter 17 Jahren ohne Begleitung. Mehr als 10.000 unbegleitete Kinder wurden mit […]

  • Fluchtpunkt Shanghai

    Der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich und die Pogromnacht ließen 1938 die Zahl der Fluchtwilligen weiter anschwellen. Viele Staaten verschärften ihre Einreisebedingungen. Eine letzte Chance war nun Shanghai. Für die damals „offene Stadt“ benötigten die Flüchtlinge weder Pässe noch Einreisevisa, weder Aufenthaltsgenehmigungen noch Arbeitserlaubnisse, weder Kapitalnachweise noch Landegelder. Auch ein „Affidavit“, eine Bürgschaft für […]

  • Flucht und Auswanderung 1933 – 1941

    Die Verfolgungen durch das NS-Regime lösten unter den deutschen Juden schon ab 1933 Fluchtbewegungen aus. Bis 1937 flohen 150.000 von ihnen aus dem Reich. Ein Drittel ging nach Palästina, ein weiteres Drittel in die USA, nach Südafrika und in andere außereuropäische Länder. Die Übrigen flohen ins europäische Ausland, meist in der Hoffnung, nach einem eventuellen […]

  • Haben auch Bücher eine Heimat? Zwei Gebetbücher von 1833

    „Auch Bücher haben ihr Schicksal“ lautet ein altes (lateinisches) Sprichwort; haben sie auch eine Heimat? Eine Reise Dorsten – Chicago – Dorsten haben zwei ganz besondere Bände hinter sich:  Im November 2014 landete im Dorstener Jüdischen Museum ein Paket aus Wisconsin/USA: Edward Eisendrath – einer der Teilnehmer des schon legendären Eisendrath-Familientreffens 2010 in Dorsten – schickte aus […]

  • Vorübergehende Heimat in Kaunitz/Westfalen

    Im kleinen Ort Kaunitz, zwischen Lippstadt und Verl, befreite am 1. April 1945 die US-Armee 830 Frauen aus dem Buchenwald-Außenlager Lippstadt, die dort Zwangsarbeit leisten mussten. Am 29. März 1945 sollten die Frauen nach Bergen-Belsen verbracht werden, doch der Todesmarsch endete bereits nach 25 km. Die Aufseher flohen vor der anrückenden US-Armee und ließen die […]

  • Fluchtvorkehrungen, 1977

    Dass der Heimatverlust auch dann ein ganzes Leben überschatten kann, wenn die Rückkehr aus dem Exil möglich war, hat der 1905 in Duisburg geborene Schauspieler, Regisseur, Theaterleiter Paul Walter Jacob erleben müssen. Er stand am Anfang einer vielversprechenden Karriere, als er Ende März 1933 von den Städtischen Bühnen Essen, mit einem Hinweis auf „die zur […]

  • Jüdischer Patriotismus 1900

    „Die Liebe zur Heimat ergibt sich immer von selbst; es ist an uns, einen bewußten Patriotismus zu pflegen […] Aber dieser Patriotismus muß verinnerlicht werden. Seine stärkste Stütze erhält er in der tiefen Liebe zu deutscher Art, wie sie sich in Geschichte, Sage und Dichtung offenbart. Es liegt eine unerschöpfliche Segensquelle in dem, was deutsche […]

  • Jakob Loewenberg: Mein Vaterland!

    „Mein Vaterland! Wie’s mich durchschauert Bei deines Namens heil’gem Klang! Mein war, um was ich tief getrauert In finstrer Zeiten Sturm und Drang. Nicht bist du frei mir zugefallen Als Menschenrecht, als göttlich Gut: Ich habe heiß um dich gerungen In schwerem Kampf mit Schweiß und Blut. Und schallt es nun aus Red’ und Schriften: […]

  • Die Schwerter „Schichte“: Schwerter Juden und ihre Nachbarn

    Die westfälischen Nachbarschaften entstanden als Zusammenschlüsse der Bewohner einzelner Straßenzüge oder Straßenabschnitte. Sie regelten soziale Aufgaben, etwa die Kranken-, Not- und Sterbeversorgung, den Feuerschutz und Ordnungsaufgaben. In Schwerte bestanden seit dem Mittelalter die sogenannten »Schichte« mit einem 1. und einem 2. Schichtmeister an der Spitze, jeweils für ein Jahr gewählt. Die Teilnahme an den Jahresversammlungen […]

  • „Heimatsucher“: Überlebt – und danach?

    Während das Thema der Shoah schon oft auf unterschiedlichste Weise aufgearbeitet wurde, blieben die Auswirkungen über das Kriegsende hinaus meistens unbeachtet. Die jahrzehntelangen Leidenswege der Opfer existieren höchstens am Rande des kollektiven Bewusstseins unserer Gesellschaft: Was ist aus den betroffenen Menschen geworden? Haben Sie ein erfülltes Leben im Exil führen können, vielleicht eine neue Familie gegründet? […]

  • Eine Familie namens Höxter…

    Ein Thema, das wir bisher nicht systematisch erforschen konnten: Jüdische Familien haben – wie andere Deutsche – mit ihren meist im 19. Jahrhundert angenommenen Familiennamen Westfälisches in alle Welt getragen. Die Benennung nach Herkunftsstädten und -regionen, auch nach Flurnamen, war nämlich sehr verbreitet.  So stoßen wir u.a. auf die Familien Bilstein Blankenstein Dalberg Dannebaum Grünenbaum Halle […]

  • Aus Rheda nach Eretz Israel

    Eine Siedlerfamilie, die von Anfang an mit zwei Absichten, nämlich landwirtschaftlich und handwerklich tätig zu sein, nach Nahariya kam, war die Familie Meyer aus Rheda in Westfalen. Der Jurist Otto Meyer (1886-1954) ließ sich 1937 zum Landwirt ausbilden, sorgte gleichzeitig dafür, dass Sohn Andreas (geb. 1921), der in Deutschland das Schlosserhandwerk erlernt hatte, die Ausrüstung […]

  • „Nahariya ist und bleibt deutsch.“

    So soll ein stolzer Einwohner dieser nordisraelischen Stadt kurz vor der Staatsgründung Israels 1948 ausgerufen haben. Nahariya liegt am Mittelmeer, nördlich von Haifa und wurde 1934 als landwirtschaftliche Siedlung privat wirtschaftender Bauern (Moschawa) von deutschen Emigranten gegründet und galt jarzehntelang als Hochburg der „Jeckes„. Zwischen 1933 und 1939 waren etwa hundert Familien vor den anwachsenden […]

  • Aus der Ukraine nach Unna

    Für uns war Deutschland nicht eine terra incognita sozusagen. Wir kamen also an, wir hatten eine Euphorie. Und bis jetzt werde ich nicht müde, mich angenehm überraschen zu lassen von dem, was ich hier sehe. Was das auch immer angehen mag. Sauberkeit, Ordnung… Aber was mich besonders bestürzte, war die erste Kirmes dort, in Unna-Massen. […]

  • Die israelischen „Jeckes“ und ihr Museum

    Manche behaupten ja, das merkwürdige Wort »Jeckes« stamme von »Jacke« ab, weil die Einwanderer aus Deutschland angeblich niemals – auch nicht auf Baustellen und in glühender Hitze – ihre Anzugjacketts und ihre Krawatten ablegten. (Die hebräische Abkürzung Jeckes bedeutet wohl »Jehudi kasche havana« – »Juden, die schwer von Begriff sind«, denn viele von ihnen wollten […]