Westfalen als Vorhut der „Judenemanzipation“

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Dass die Gleichstellung der Juden auch in Deutschland etwas mit der Aufklärung und der Französischen Revolution zu tun hat, ist ziemlich bekannt. Die Idee der Judenemanzipation verbreitete sich auch in den Nachbarstaaten. Nach und nach gaben sich die meisten Staaten Mitteleuropas Emanzipationsgesetze, die sich in unterschiedlicher Intensität am französischen Vorbild orientierten. Aber Westfalen als Vorhut der „Judenemanzipation“??

1807_Westfalen-Karte
Abb.: Wikimedia

Die sechsjährige napoleonische Herrschaft in Deutschland ab 1806 bescherte den Juden der Staaten, die dem französischen Einfluss unterlagen, eine vorübergehende Gleichstellung: Jerôme Bonaparte richtete als König von Westphalen in Kassel ein jüdisches Konsistorium ein, das das jüdische Gemeindeleben zentral organisieren sollte. Damit ging dieses Satelliten-Königreich Westphalen konsequenter als Frankreich vor. Jerôme erließ im November 1807 und im Januar 1808 zwei Dekrete, die festhielten, dass „unsere Unterthanen, welche der Mosaischen Religion zugethan sind, … in unsern Staaten dieselben Rechte und Freiheiten genießen [sollten], wie unsere übrigen Unterthanen“. – hier ein FaksimileDamit wurden feudale Steuern auf jüdische Personen und Reisende abgeschafft und den Juden ein Recht auf Besitz und Heirat auf die zugestanden. Nicht wenige deutsche Juden wurden so von der napoleonischen Politik überzeugt.

Jerome Bonaparte
Jerôme Bonaparte – Abb.: François Gérard [Public domain], via Wikimedia Commons

„Jerôme ging in der Emanzipation der Juden weit über das hinaus, was Napoleon für erträglich hielt, was wiederum zu Differenzen zwischen den Brüdern führte. Durch das Decret vom 15.11.1807 erklärte er alle jüdischen Untertanen seines Reichs als den christlichen völlig gleichgestellt. Ähnlich wie Napoleon in Paris 1807 den großen Sanhedrin, eine Versammlung hochgeschätzter jüdischer Persönlichkeiten einberufen hatte, um den Prozess der Assimilation zu beschleunigen, so ließ Jerôme im Februar 1808 eine jüdische Deputation aus seinem Königreich in Kassel erscheinen, um sich durch ihren Sprecher nicht nur die Loyalität, sondern auch die Mitarbeit der Juden als Soldaten, Kaufleute und Bauern im neuen Königreich versprechen zu lassen. (…) Das Königreich Westfalen war, was die Emanzipation der Juden betraf, seinerzeit der fortschrittlichste Staat in Deutschland. Auch in den übrigen Staaten gab es Ansätze, aber kaum eine völlige Emanzipation. (…)“
(Aus: Arno Herzig, Judentum und Emanzipation in Westfalen, Münster 1975)

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Zwar wurden diese Errungenschaften mit der Restauration der alten Ordnung ab 1815 wieder stark eingeschränkt. Doch mit der wirtschaftlichen Dynamik des 19. Jahrhunderts ergab sich ein erneuter Anstieg und Aufstieg der jüdischen Bevölkerung.

 


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